In der arabischen Welt wird dem arabischen Pferd ein ganz besonderer Platz eingeräumt. Nicht nur durch das enge Verhältnis der Beduinen zu ihren Pferden sondern durch Allahs Willen. Die ältesten Beweise für die Existenz arabischer Pferde wurde in einem Pferdeskelett gesehen welches auf der Halbinsel Sinai gefunden wurde. Das Skelett wurde auf ca. 1700 v. Ch. datiert und weist neben einem konkaven Profil auch weitere Merkmale auf, die typisch für das arabische Pferd sind.
In vielen Schriften oder auch Grabmalereien wird das arabische Pferd beschrieben und abgebildet. Es gilt als erwiesen, dass das arabische Pferd eine sehr alte, wenn nicht sogar die älteste Pferderasse der Welt ist.

Alle religiösen Überlieferungen, die vom arabischen Pferd sprechen, sind in anziehender Sprache und mit der den Orientalen eigenen bildreichen Redeweise geschrieben. So konnten sie auf den leicht erregbaren Charakter des Arabers mächtig einwirken und ihn glauben machen, daß nur er der Erwählte Gottes und das Pferd nur für ihn geschaffen sei.
Bezüglich der Erschaffung des Pferdes hat der "nüchterne" Wissenschaftler sowie die Christliche Religion sicherlich eine andere Erklärung wie die Religion des Islams.
Eine Überlieferungsstelle, wo von der Erschaffung des Pferdes die Rede ist, wendet der Araber desshalb auch nur auf sich, als dem einzigen Rechtsgläubigen an. Sie lautet:

"Als Gott das Pferd schaffen wollte, sagte er zum Südwinde: Ich will aus dir ein Geschöpf schaffen zur Ehre meiner Heiligen, zur Erniedrigung meiner Feide, aus Huld für die, so mir gehorsam. Der Südwind sprache: Erschaffe es, o Herr ! Da nahm Gott vom Südwinde eine Handvoll und schuf daraus das Pferd; Er sprach; Dein Name sei arabisch, das Gute sei gebunden an Deine Stirnhaare, die Beute an deinen Rücken; dir sei gegeben den Unterhalt des Lebens zu erweitern; ich habe deinen Besitzer zu deinem Freunde gemacht; ich habe dich begünstigt vor anderen Lasttieren; ich habe dir die Kraft zum Fliegen verliehen ohne Flügel, sei es im Angriff, sei es im Rückzuge; ich will auf deinen Rücken Männer setzen, die mich preisen und loben, und mir Halleluja singen. Und als das Pferd mit seinen Füssen die Erde berührt hatte, sprach Gott: Erniedrige durch dein Wiehern die Götzendiener und fülle damit ihre Ohren, und fülle mit Schrecken ihre Herzen. Und als Gott Adam alle Dinge gezeigt, die er geschaffen hatte, sagte er: Wähle dir von meinen Geschöpfen, was Du willst und er erwählte das Pferd. Da sprach Gott der Herr: Du hast deine Ehre erwählet und die Ehre Deiner Kinder, eine für immer dauernde durch Aeonen und Aeonen."

Wie weit die Pferdezucht der Beduinen in der vorislamischen Zeit entwickelt war können wir heute nicht mehr feststellen. Als sicher gilt jedoch, dass sie durch den Propheten Mohammed ein gewaltigen Aufschwung nahm.
Er erkannte das die Möglichkeit den neuen Glauben mit Feuer und Schwert in der Welt zu verbreiten und ein arabisches Weltreich zu gründen nur mit einer schlagkräftigen und überlegenen Reitertruppe möglich war. Er lehrte seine Getreuen, dass asile, reine Pferde stärker, schneller, mutiger und treuer seien als Pferde unbekannter Abstammung. Ein Reiter auf dem Rücken eines edlen Pferdes stand unter dem Schutz Allahs und blieb von bösen Geistern verschont. Auch sagte Mohammed zu seinen Schülern "Vorzüglich lege ich Euch die Sorge für die Zuchtstuten ans Herz; ihr Rücken ist ein Ehrensitz, und ihr Bauch ein unerschöpflicher Schatz"
Mit diesen Anweisungen machte der Prophet die Reinzucht zum göttlichen Gebot für die Pferdezucht. Aufgrund der Tatsache, daß durch diverse Kriegszüge der arabischen Armeen auch Pferde fremder Rassen erbeutet wurden, befürchteten Mohammed und die Kalifen, daß Kreuzungen mit der gewaltigen Menge der erbeuteten Pferde einmal zum Untergang des Arabischen Wüstenpferdes führen könnten. Deshalb wurde den Beduinen so nachdrücklich ans Herz gelegt, die Pferderasse reinzuhalten:

"Falls einer nicht all seinen religiösen Verpflichtungen nachkommen kann, so möge er ein asiles Pferd zur Ehre Gottes halten und alle seine Sünden werden ihm vergeben werden"

"Die Bösen Geister betreten niemals das Zelt, in dem sich ein asiles Pferd befindet"

"Wer sein Pferd asilgezüchtet hat für den Heiligen Krieg, wird am Tage des jüngsten Gerichts vor dem Fegefeuer bewahrt sein"

"Soviel Gerstenkörner du täglich Deinem Pferde gibst, soviel Ablässe wirst Du dadurch erwerben"


Dies sind religiöse Pflichten für einen gläubigen Moslem, aber Mohammed und seine Feldherren taten noch mehr um beim einfachen Krieger den Glauben an die Vorzüge des arabischen Pferdes zu untermauern. So erhielt ein Beduine zum Beispiel, der ein Araberpferd ritt, eine höhere Belohnung als die übrigen.

Auf die Reinhaltung der Rasse wurde peinlichst genau geachtet. Die Beduinen nahmen an, dass eine Stute die einmal von einem unreinen, nicht asilen Hengst gedeckt wurde, genetisch belastet sei und damit ihre späteren Fohlen nicht mehr "rein" waren.
Aus heutiger Sicht mag das töricht klingen, führte aber letztendlich dazu das man annehmen kann, dass ein asiler Araber tatsächlich frei von Fremdblut ist.
Aufgrund der Umweltbedingungen (karge Nahrungsgrundlage, starke Temperaturschwankungen in der Wüste und Sandstürme) konnten nur die stärksten und widerstandsfähigsten Tiere überleben. Schwache und anfällige Tiere wurden von der Natur unerbittlich ausgemerzt. Die Zuchtprinzipien der Beduinen, immer wieder miteinander verwandte Tiere untereinander zu paaren vervielfachten die guten Erbanlagen und verfestigten sich, während minderwertige oder schlechte Erbanlagen schnell erkannt und ausgemerzt wurden.
Abstammungsnachweise wie wir sie heute kennen gab es damals nicht. Die Abstammung wurde meist mündlich überliefert und die Linien wurden immer über die Mütter weitergegeben. Den mündlichen Abstammungen darf man durchaus trauen, da die Beduinen die Reinheit des Blutes sehr hoch einschätzten. Bei der Geburt eines Fohlens oder auch bei der Bedeckung einer Stute waren immer Zeugen zugegen.

Die Religion verbot dem Moslem, für die Paarung einer Stute mit einem Hengst Geld zu verlangen - alles zur Förderung der Pferdezucht und zur Verbesserung der Rasse. Auch durfte kein Pferd kastriert oder seine Mähne oder seines Schweifes, die ihm Schutz gegen die Fliegen boten, beraubt werden.

Es gibt viele wunderschöne Geschichten über das arabische Pferd und den Propheten Mohammed. Eine der schönsten möchte ich Ihnen hier erzählen:

Alte Überlieferungen berichten das Mohammed im 7. Jahrhundert n.Ch. nach einem besonders schweren Gefecht seine erschöpften und durstigen Pferde frei ließ, damit sie am nahegelegenen Fluß trinken können. Gerade als die Pferde zum Wasser galoppierten drohte ein erneuter Angriff und der Prophet pfiff sie zurück. Nur fünf Stuten hörten auf den Ruf ihres Herrn und drehten pflichtbewusst zu ihm um ohne zu trinken. Mohammed segnete die fünf gehorsamen Stuten Abayyah, Saqlawiyah, Kuhaylah, Hamdaniyah und Hadbah und legte, um sie zu zeichnen, jeder seinen Daumen in den Nacken worauf sich kleine Haarwirbel bildeten.
Solche Haarwirbel werden noch heute "Daumenzeichen des Propheten" genannt und Pferde die es besitzen sollen besonders edel sein.
Die Legende sagt das Mohammed mit diesen fünf Stuten eine konsequente arabische Zucht begründete, deren Regeln mit religiösen Anschauungen und Gebräuchen durchsetzt war. Von den edelsten Linien des arabischen Pferdes wird gesagt, dass sie auf die "Fünf Stuten des Propheten Allah" zurückgehen und nur sie dürfen sich reinen Blutes nennen.


Fest steht, dass der Prophet Mohammed nicht mehr erleben konnte wie seine Eroberungsträume erfüllt wurden. Er starb 632. Die Anhänger des neuen Glaubens zogen auf ihren edlen Pferden in den Dschihad und eroberten Damaskus, Jerusalem, überschritten die Meerenge von Gibraltar und drangen nach Spanien vor. Erst mitten in Frankreich gelang es um 732 dem französichen König Karl Martell die arabischen Reiterscharen aufzuhalten. In Spanien aber gründeten sie ein arabisches Kalifat welches sie über 700 Jahre beherrscht haben.



Es gibt eine weitere sehr schöne Legende die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
Es ist die Geschichte eines blinden Wüstenscheichs der mit Hilfe seines Sohnes lange Zeit vergeblich die ideale arabische Stute suchte. Nie war er mit der Schilderung seines Sohnes zufrieden, bis er sie eines Tages fand. Der Sohn schilderte dem blinden Vater beim Anblick der Stute dieselbe mit folgendem Lobgesang:

"Der Ausdruck in ihren Augen gleicht der einer liebenden Frau;
der Gang dem eines schönen Weibes;
ihre Brust ist wie die eines Löwen;
ihre Flanke wie die einer Gazelle.
Sie ist die Trinkerin des Windes;
sie trottet wie ein Wolf und galoppiert wie ein Fuchs;
ihr Fell ist wie ein Spiegel, ihr Haar so dicht wie Federn auf Adlers Schwingen;
ihr Huf ist so hart wie ein Stein, von dem man Feuer schlagen kann;
sie ist sanft wie ein Lamm, aber wie ein Panther im Zorn wenn sie geschlagen oder gereizt wird.
Ihre Nüstern sind geöffnet wie Blütenblätter einer Rose.
Ihre Schultern verwandeln sich in Flügel, wenn sie rennt.
Ihre Beine sind stark wie die eines wilden Straußes und bemuskelt wie jene des Kamels.
Ihre Augenwimpern sind lang wie Gerstenähren und die Ohren wie die zweier Halbedelsteine eines Speerkopfes!"


Daraufhin sprach der blinde Scheich:"Mein Sohn, dies ist die Stute, nach der ich solange gesucht habe. Du wirst alles tun, um sie zu erwerben"



Autor: Irene Schmidt