VERGIFTUNGEN


Durch die Einzelaufstallung in der modernen Pferdehaltung, die der natürlichen Lebensweise des Pferdes völlig entgegengerichtet ist, unterliegen sehr viele Schutzinstinkte des Pferdes einem domestikationsbedingten Abbau. Wildpferde und die ihnen im Verhalten noch nahestehenden Robustpferderassen wagen sich normalerweise instinktiv nicht an Giftpflanzen. Bei Robustpferden spielen Vergiftungen mit Holzimprägniermitteln und Chemikalien eine größere Rolle. Für den Reiter ist eine gewisse Grundkenntnis der für das Pferd gefährlichsten Giftpflanzen wesentlich, damit er nicht, wie es immer wieder vorkommt, sein Pferd bei einem Ausritt in der Nähe einer Eibe grasen lässt. Viele Pferde haben nämlich die Untugend, während des Ausrittes spielerisch Blätter und Zweige abzurupfen, um sie unterwegs zu verspeisen. Bei Vergiftungsverdacht ist daher der genaue Erinnerungsbericht des Reiters über durchgeführte Ausritte von erheblichem diagnostischen Wert.


ANZEICHEN EINER VERGIFTUNG




Aktute Vergiftungen gehen fast immer mit auffälliger Unruhe und Darmstörungen einher. Chronische Vergiftungen mit Schimmelpilzen, Arsen, Blei,Jod und ähnlichem haben eine sichtliche Abmagerung des Pferdes zur Folge. Geschwürige Verätzungen mit Schluckbeschwerden und Speichelfluß treten nach Phosphoraufnahme auf frisch gedüngten Weiden oder durch Lecken an frischen terpentinölhaltigen Anstrichen auf. Geschwürige Veränderungen in der Nasenschleimhaut werden durch Lupine hervorgerufen. Die Magen-Darm-Störungen können zwischen Koliken, Verstopfungen und Durchfall wechseln. Störungen des Bewegungsapparates wie Nachhandlähmungen und Schwanken, nicht selten auch Hufrehe, können ebenfalls Vergiftungen als Ursache haben.
Vergiftete Pferde gebärden sich überempfindlich, reagieren stark auf äußere Reize, zeigen oft erweiterte Pupillen und Lichtscheu.


MASSNAHMEN



Bis zum Eintreffen des Tierarztes ist jegliche Futteraufnahme des Pferdes zu verhindern. Der Tierarzt ist auf eine sehr genaue Schilderung aller möglichen Ursachen angewiesen. Insbesondere geben die Originalpackungen von verwendeten Schädlingsbekämpfungsmitteln, Medikamenten oder Zusatzfutterstoffen oft den nötigen Aufschluß.
Vielfach geht es bei der Behandlung um Minuten. Bei Pflanzenvergiftungen sollte man dem Tierarzt die betreffende Pflanze zur Beurteilung aufbewahren.



GIFTIGE PFLANZEN - IHRE GEFÄHRLICHKEIT - DIE SYMPTOME



Zeichenerklärung: +++ sehr gefährlich, ++ gefährlich, + weniger gefährlich
Pflanzennamen Giftige Teile Risiko Symptome
Wälder und Parkanlagen
Eibe
Taxus baccata
alle Pflanzenteile,besonders Nadeln,150 gr. tödlich +++ Bewegungs- und Kreislaufstörungen, Tod durch Atemlähmung
Buchsbaum
Buxus sempervirens
Blätter und Rinde, 750 gr. tödlich + Lähmungen, Kolik
Goldregen
Laburnum anagyroides
Wurzelrinde, Blüten, Samen ++ Kolik, Atemlähmung, Krämpfe
Lebensbaum
Thuja
gesamte Pflanze ++ Kolik, Durchfall, Reizung der Schleimhäute
Rhododendron
Robinia pseudoacacia
besonders Blätter + nervöse Störungen
Seidelbast
Daphne mezereum
gesamte Pflanze, besonders Rinde u. Beeren, 30 g tödlich +++ Reizung d. Schleimhäute, Kolik, Atemnot
Eiche
Quercus spp.
unreife Früchte, Rinde ++ Durchfall, Kolik, Harnverfärbung
Buche
Fagus sylvatica
Samen ++ Krämpfe, Kolik, Lähmung
Wald- und Wegeränder, Lichtungen u. Ödland
Eisenhut
Aconitum napellus u. -vulparia
gesamte Pflanze, 10-12 mg Aconitin tödlich +++ Kolik, Atemlähmung
Fingerhut
Digitalis lanata,-lutea,-purpurea
Blätter u. Samen, 25 g getrocknete Blätter tödlich +++ Schleimhautreizung, Herzrythmusstörungen
Lupine
Lupinus angustifolius
Samen ++ Speichelfluß, Schluckbeschwerden, Unruhe, Krämpfe, Ikterus
Stechapfel
Datura stramonium
Gesamte Pflanze, 1,25 kg Samen tödlich + Unruhe, Schüttelkrämpfe, Lähmungen
Schwarze Tollkirsche
Atropa belladonna
Gesamte Pflanze, 120 -180 g TS tödlich +++ Erregung, Krämpfe, Atemlähmung
Kreuzkraut
Senecio spp.
Gesamte Pflanze, besonders Wurzel +++ Erregung, Krämpfe, Atemlähmung


©Autorin: Irene Schmidt - September 2003
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